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Eine Information des Österreichischen Esperanto-Verbandes zum Jubiläumsjahr 2012.

125 Jahre Esperanto

Esperanto, die jüngste unter den lebenden Sprachen, wurde 125. Nach den politischen Wirren des 20. Jahrhunderts erlebt die Internacia Lingvo durch das Internet einen erneuten Aufschwung. Die vergleichsweise schnelle Erlernbarkeit, eine Kommunikation auf gleicher Augenhöhe und das weltweite Netz von Esperanto-Sprechern sorgen ungeachtet der derzeitigen Dominanz des Englischen für eine wachsende Beliebtheit.

Am 26. Juli 1887 veröffentlichte Dr. Zamenhof die Plansprache unter dem Pseudonym Esperanto (Hoffender). Eine leicht erlernbare, neutrale Sprache mit internationalem Wortschatz und regelmäßiger Grammatik soll die Sprachbarrieren unter den Völkern abbauen. Die Dominanz einer Nationalsprache erkannte man schon damals als problematisch und ungerecht. Quer durch alle politischen Lager fanden sich Befürworter. Die Friedensbewegung, unter anderen Bertha von Suttner, förderte die Verbreitung einer neutralen Sprache zur Völkerverständigung. Mit dem österreichischen Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried hatte die Esperantobewegung ein engagiertes Mitglied. In der Zwischenkriegszeit erlebte Esperanto seine Blütezeit trotz vieler politischer Widerstände; so wurde beispielweise die Einführung von Esperanto als offizielle Sprache im Völkerbund durch Frankreich verhindert, dessen Vertreter noch immer hofften, die französische Sprache würde sich als "die" Kultursprache durchsetzen. Dass Untertanen mit dem Ausland ungehindert kommunizieren und Nachrichten unzensuriert eindringen konnten, war vielen Regimes ein Dorn im Auge. Politische Repressionen, Zweiter Weltkrieg, Kalter Krieg und weitere staatliche Verbote weit bis in die 1980er Jahre erschwerten Anwendung und Verbreitung. Zwei Beschlüsse der UNESCO aus den Jahren 1954 und 1985 bestätigten jedoch die Position des Esperanto als kulturelle Errungenschaft der Menschheit und verweisen auf seine Vorteile im gegenseitigen Dialog, in der Kommunikation und bei der Annäherung von Menschen aller Kulturen und Sprachen.

Auch ohne dass hinter Esperanto wirtschaftliche und politische Interessen stehen, erlebt es mit der Verbreitung des Internets einen neuen Aufschwung: über Landesgrenzen hinweg werden bestehende Freundschaften gepflegt und neue Kontakte geknüpft. Als ein mittlerweile ausgereiftes Ausdrucksmittel wird es vielseitig angewendet. Radiostationen in Brasilien, China, Kuba und Vatikan senden regelmäßig in dieser Sprache, außerdem das Chinesische Fernsehen. Nach der relativ kurzen Zeit von nur 124 Jahren rangiert Esperanto mit seiner Sprecherzahl unter den ersten 100 größten Sprachen von etwa 6.800 weltweit. Im Wikipedia liegt es an 27. Stelle hinsichtlich der Anzahl der verfassten Artikel. Auch die Suchmaschine Google, der Internettelefondienst Skype, der Browser Firefox, die Betriebssoftware Ubuntu und die Portale Ipernity und Facebook „sprechen“ Esperanto. Abgesehen von der vielfachen Verwendung im Internet, im Tourismus und bei internationalen Veranstaltungen, besitzt es inzwischen eine eigene Musik-Produktion und eine beachtliche Original-Literatur; auch die internationale Schriftstellervereinigung P.E.N. hat Esperanto als Literatursprache anerkannt.

Die Sprache ist weltweit als neutrale Zweitsprache in täglichem Gebrauch vieler Menschen, auch in den wichtigen Wachstumsregionen Afrikas und Asiens. Der Gastgeberdienst Pasporta Servo ermöglicht Esperanto-Sprechern den Besuch fremder Länder fernab ausgetrampelter Touristenpfade. Es vergeht fast kein Tag an dem nicht irgendwo auf der Welt Treffen, Seminare, Konferenzen oder Studienlehrgänge in Esperanto stattfinden. Die brasilianische Farmschule Bona Espero, von Esperanto-Sprechern gegründet, bietet vernachlässigten Kindern durch Betreuung, Erziehung und Schulbildung die Chance auf ein eigenständiges Leben; unverzichtbare Hilfe leisten dabei Esperanto-Sprecher aus allen Teilen der Welt, sei es durch Spenden oder als Helfer vor Ort. Die Universala Esperanto Asocio (Esperanto-Weltbund) mit Sitz in Rotterdam unterhält beratende Beziehungen zu den Vereinten Nationen und zum Europarat.

Der wachsende Gebrauch des Esperanto zeigt sich auch darin, dass beispielsweise die British Telecom es für Werbung nutzt und die Britische Regierung Esperanto-Übersetzer beschäftigt. Esperanto wird immer populärer. Das neue, umfassende Portal www.lernu.net bietet unter anderem einen Internet-Sprachkurs in zur Zeit 27 Sprachen an und wird täglich rund 125.000 mal aufgerufen. Die Betreiberin dieser Seite, die internationale Organisation E@I (Edukado@Interreto), betreut jedoch nicht nur Esperanto-Projekte, sondern wurde sie auch von der slowakischen Regierung beauftragt, einen Internet-Auftritt zum Erlernen der slowakischen Sprache zu schaffen; neue Unternehmungen betreffen unter anderem Lern-Plattformen für Spanisch und Deutsch. Der Einsatz vieler Esperanto-Sprecher für den Erhalt der sprachlichen und kulturellen Vielfalt ist also keineswegs nur ein Lippenbekenntnis. Das Esperantomuseum der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien bietet einen Einblick in Wesen und Geschichte des Esperanto und anderer Plansprachen; darüber hinaus thematisiert es das Verhältnis des Menschen zur Sprache.

Dass sich Esperanto trotz aller Hindernisse erfolgreich behaupten kann und die Zahl seiner Sprecher ständig wächst, liegt vor allem daran, dass es mehr als nur eine Sprache ist: dahinter stehen 124 Jahre gelebter Völkerverständigung und der Einsatz für eine Kommunikation auf gleicher Augenhöhe.

Kontaktperson zu dieser Mitteilung: Uwe Stecher, aef@esperanto.at

Für Informationen zu Esperanto: www.esperanto.at.

Text "Esperanto wird 125 Jahre alt" als PDF ohne Grafik

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