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Eine Information des Österreichischen Esperanto-Verbandes zum Jubiläumsjahr 2017, verfasst von Dr. Heinz-Paul Kovacic (Graz).

Warum ist Esperanto fast nicht aufzuhalten? Hundertster Todestag des Schöpfers Zamenhof

Schon gewusst, dass es 6.912 Sprachen gibt? Und dass die EU mehr als 2.500 Dolmetscher braucht, weil bei den 24 Amtssprachen mindestens 552 Übersetzungen notwendig sind. Wenige Dinge sind mit dem menschlichen Leben so eng verbunden wie unsere Sprache. Sie begleitet uns von früh bis spät und ist die unerlässliche Basis für das Zusammenleben. Eine besondere Stellung nimmt daher Ludwik Zamenhof ein, der 1887 als 27-jähriger die Grundlagen seiner internationalen Sprache Esperanto veröffentlichte und vor hundert Jahren, am 14. April 1917 starb. Zamenhof ist der einzige Autor einer geplanten Sprache, dessen Projekt auch zu einer lebenden Sprache mit reichhaltiger Kultur wurde. Zu Recht hat daher die Nachrichtenagentur AFP vor kurzem Esperanto als „beispiellosen internationalen Erfolg“ bezeichnet. Diesen verdankt Esperanto vor allem der raschen Erlernbarkeit der Sprache, weil man sie in etwa einem Drittel bis einem Fünftel der Zeit erlernen kann, die für andere Sprachen nötig ist. Ein Hauptgrund dafür ist die kurze Grammatik mit nur 16 Grundregeln ohne jede Ausnahme. Die internationale Sprache hat sich inzwischen weltweit verbreitet. Esperanto-Sprecher gibt es in mehr als 130 Ländern und in siebzig Staaten hat der Esperanto-Weltbund Landesverbände. Mehrere Millionen Menschen haben die internationale Sprache erlernt und ein paar Hunderttausend sprechen Esperanto regelmäßig; es gibt derzeit sogar rund tausend Menschen die Esperanto als Muttersprache verwenden. Größere Sprachlernseiten bieten im Internet Esperanto-Kurse an: Bei Duolingo.com haben sich bisher über 800.000 Lerner für Esperanto angemeldet.
China veröffentlicht täglich Nachrichten in Zamenhofs Sprache, gibt eine Netz-Zeitschrift und Radio-Sendungen in Esperanto heraus. Die Esperanto-Wikipedia hat über 230.000 Artikel und ist damit größer als etwa die dänische, slowakische oder hebräische Ausgabe. Übersetzungen in die internationale Sprache bietet auch Google Translate an. In Ungarn hat sich die Zahl der Esperanto-Sprecher laut Volkszählung seit 1990 vervierfacht. Hintergrund ist vor allem die Tatsache, dass Esperanto vom Staat offiziell als lebende Sprache anerkannt ist. So kann man bestandene Esperanto-Prüfungen an Hochschulen auch nutzen, um Fremdsprachenkenntnisse nachzuweisen oder um Punkte für die Aufnahme an der Universität zu sammeln. Das offizielle Zertifizierungsinstitut Nyak hat daher seit 2001 mehr als 35.000 Esperanto-Prüfungen abgenommen, womit Esperanto auf dem dritten Platz unter den angebotenen Sprachen, etwa gleichauf mit Französisch liegt. Der Schöpfer des Esperanto, Ludwik Zamenhof wurde 1859 geboren und wuchs in der damals vielsprachigen Stadt Bialystok auf, heute im nordöstlichen Polen. Er erlebte die Konflikte der Juden und Russen, Polen und Deutschen dort hautnah mit. Schon als Schuljunge beschloss er, eine gemeinsame und leicht erlernbare Sprache zu entwerfen, damit Streitigkeiten möglichst durch Miteinanderreden und ohne Gewalt gelöst werden könnten. Einen ersten Entwurf konnte er schon 1878, zu seinem 19. Geburtstag, mit Schulkameraden feierlich einweihen, auch mit einem gemeinsam gesungenen Lied in der neuen Sprache. Zamenhof studierte Medizin und wurde Augenarzt. Seine internationale Sprache überarbeitete er und konnte sie 1887 veröffentlichen. Als Pseudonym wählte er „D-ro Esperanto“. Esperanto heißt in der neuen Sprache „ein Hoffender“; er hoffte auf Verbreitung seiner Sprache und auch darauf, dass die Sprache zur Verständigung und zur Verringerung der Konflikte zwischen Angehörigen verschiedener Nationen beitragen möge.
Die Idee einer internationalen Sprache, die weitaus schneller zu erlernen ist als bestehende Sprachen, verbreitete sich rasch – auch weil es schon vorher eine ähnliche Sprache gab, Volapük, das aber weit schwieriger zu erlernen war. Schon zwei Jahre nach der Herausgabe des ersten Lehrbuchs gab es Esperanto-Vereine. 1905 wurde in Boulogne-sur-Mer der erste internationale Esperanto-Kongress veranstaltet, mit über 600 Teilnehmern aus vielen Ländern. Die Zahl der in Esperanto verfügbaren Bücher stieg rapide an. Aus dem kleinen Büchlein von 1887 ist inzwischen eine Literatur von mehr als zehntausend Büchern geworden; über 300 Autoren haben Werke original in Esperanto verfasst. Zamenhof selbst steuerte einige Übersetzungen bei: Hamlet, Die Räuber, Teile des Alten Testaments und Andersens Märchen. Es entstand ein „Lingva Komitato“ (Sprachen-Komitee), das sprachliche Fragen behandelte und es bildete sich eine internationale Esperanto-Vereinigung, Universala Esperanto-Asocio (UEA). 1912, 25 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Esperanto-Lehrbuchs, zog sich Zamenhof als inoffizieller Leiter der Esperanto-Sprachgemeinschaft zurück; die Sprachgemeinschaft war selbständig geworden. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs war Esperanto schon in allen Erdteilen angekommen. Zamenhof litt an einer Herz- und Lungenschwäche, die ihn zur Aufgabe seines Berufs zwang. Er starb am 14. April 1917 in Warschau.
Die UNESCO hat 1954 anerkannt, dass die Errungenschaften von Esperanto mit ihren Zielen und Idealen übereinstimmen und rief 1985 ihre Mitgliedsstaaten und internationale Organisationen auf, den Esperanto-Unterricht in Schulen und seinen Gebrauch in internationalen Angelegenheiten voran-zutreiben. Für 2017 hat die UNESCO den Todestag Zamenhofs als Gedenktag bestimmt. Auch die katholische Kirche hat Esperanto als offizielle liturgische Sprache anerkannt, indem sie 1990 Esperanto-Messtexte genehmigte. Auch wenn ein Teil der Träume Zamenhofs sich trotz des Sprachen-Chaos bisher nicht verwirklicht hat, so hat er doch die Grundlage für eine neue und schnell erlernbare internationale Sprache geschaffen, zu der sich eine weltweite Sprach- und Kulturgemeinschaft gebildet hat. Zamenhofs Sprache hat ausgehend von einem schmalen Büchlein innerhalb von wenig mehr als einem Jahrhundert einen Platz unter den fünfzig international am meisten verwendeten Sprachen gefunden. Nur wenige Menschen haben eine vergleichbare Wirkung mit ihrem Lebenswerk erreicht.

 

Quellen: (teilweise in Esperanto; Google Translate liefert eine ungefähre Übersetzung) AFP: „unprecedented international success“ z.B. www.yahoo.com/news/father-esperanto-snubbed-polish-home-town-165545302.html (link is external) Youtube, Esperanto-Musik (Suche: Esperanto + muziko) www. youtube. com/ results? search_query=muziko+esperanto (link is external) Tägliche Nachrichten in Esperanto aus China ​http://esperanto.china.org.cn (link is external) Radio aus China esperanto.cri.cn (link is external) Esperanto-Wikipedia eo.wikipedia.org (link is external) Google Translate für Esperanto translate.google.com (link is external) Esperanto-Sprachkurse bei Duolingo.com www.duolingo.com/courses/en (link is external) www.duolingo.com/courses/es (link is external) Esperanto im Vergleich zu anderen Sprachen: Es gibt eine Reihe von einzelnen Studien und Hinweisen, dass Esperanto unter den 50 international am meisten verwendeten Sprachen ist. Esperanto im Vergleich mit anderen Sprachen mit lateinischer Schrift an Stelle 27 laut Textmenge im Internet. Gregory Grefenstette, Julien Nioche. Estimation of English and non-English Language Use on the WWW (2000). arxiv.org/ftp/cs/papers/0006/0006032.pdf